Der Österreichische PEN-Club hat die „# 1Resolution on Freedom of Expression in Palestine and Israel“ des Internationalen PEN am 27.9. 2024 unterzeichnet. Hierzu eine Erläuterung unserer Beweggründe und Absichten.
Resolutionen sind ein Instrument, um eine gemeinsame Stimme gegen aktuelle Menschenrechtsverletzungen zu erheben und der Einschränkung der Meinungsfreiheit sowie der Verfolgung von Autorinnen und Autoren entgegenzutreten. Der Internationale PEN wendet sich damit an die Weltöffentlichkeit, um der Inhumanität, wo auch immer sie geschieht, Einhalt zu gebieten. Dies haben zahlreiche Resolutionen des Internationalen PEN, die sich stets auf die Seite der von Krieg, Gewalt, Verfolgung und Vertreibung betroffenen Menschen stellten, gezeigt.
Der Nahost-Konflikt in seiner historischen Dimension und zunehmenden Ausweglosigkeit ist durch eine Debatte gekennzeichnet, die fatale Dynamiken aufweist. Wer die permanenten Angriffe auf Israel und dessen Recht zur Selbstverteidigung oder die humanitäre Katastrophe der palästinensischen Bevölkerung, die Verbrechen der Hamas und die Gräueltaten des 7. Oktober oder das Bombardement von Wohngebieten in Gaza mit unzähligen Opfern und die Vertreibung der Palästinenser im Westjordanland anprangert, gerät oft jeweils in den Verdacht der Einseitigkeit, auch wenn diese nicht gegeben ist. Werden Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung, der Bruch des Völkerrechts, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit konkret benannt, wird als Replik häufig eine Darstellung der Verbrechen und internationalen Rechtsbrüche der Gegenseite eingefordert. Der seit 1948 andauernde Konflikt der Staaten und Mächte ist jedoch auf unterschiedliche Weise zu erzählen. Unüberbrückbare Differenzen der Sichtweise der Geschichte sind ein ständiger Auslöser der bewaffneten Auseinandersetzung auf Kosten der Menschen in dieser Region.
Der Österreichische PEN-Club sieht es als seine Verpflichtung an, die vorliegende Resolution gemäß seiner Charta zu unterstützen und sich seiner Stimme – auch angesichts möglicherweise zu erwartender Reaktionen – nicht zu enthalten. Diese Entscheidung erfolgte aufgrund eines Vorstandsbeschlusses.
Hierbei waren folgende Aspekte ausschlaggebend:
- Der Österreichische PEN-Club ist sich seiner historischen Verantwortung, zu Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen nicht zu schweigen, bewusst.
- Die Resolution beabsichtigt keine Klärung des politischen Konflikts. Dies ist nicht die Aufgabe einer Schriftstellervereinigung, die sich dem Vorwurf der Einmischung und Parteilichkeit aussetzen würde.
- Die Parteistellung des Österreichischen PEN-Clubs ist immer und eindeutig für Verfolgte (Zivilbevölkerung, Autor:innen, Künstler:innen, Publizist:innen, u.a.), diese Verpflichtung ist nicht zu relativieren oder politischen Interessen unterzuordnen.
- Es ist das Recht des PEN Palästina, die Resolution gemeinsam mit anderen Landeszentren vorzubereiten und dem Internationalen PEN-Kongress zur Diskussion und Abstimmung vorzulegen. Dies bedeutet keine Vertretung der Haltung der Hamas. Immer wieder haben sich PEN-Zentren in Ländern, deren Bevölkerung der Verfolgung ausgesetzt war, an Petitionen beteiligt.
- Die in der Resolution aufgestellten Forderungen zur Aufklärung und Bestrafung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen sind legitim. Dieses Prozedere beruht auf internationalem Recht, wie auch im Fall der Ukraine, Bosnien oder Ruanda.
- Menschenrechtliche Instanzen wie die Vereinten Nationen und der Hohe Kommissar für Menschenrechte, die Berichte von Menschenrechtsorganisationen, aber auch Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag sind anzuerkennen.
- Die Resolution beinhaltet keinerlei antisemitische Haltung, noch wird das Existenzrecht Israels in Zweifel gezogen.
- Der Beginn des Konflikts und der Menschenrechtsverletzungen ist nicht mit 7.10.2023 zu datieren, eine friedliche Lösung des sich ständig ausweitenden Kriegs ist nicht in Sicht. Umso wichtiger erscheinen die internationale Beobachtung und die Kommentierung des Geschehens.
- Der Kampf um das Recht auf Leben in Sicherheit als auch der Kampf um einen eigenständigen Staat und Autonomie werden nicht nur territorial, sondern auch auf verbaler Ebene geführt. Dazu gehören die Verunglimpfung von Andersdenkenden, die Diffamierung von Kritikern und die Intoleranz anderen Sichtweisen gegenüber. Dem ist zu widerstehen. Um einen konstruktiven Diskurs über Frieden weiter in Bewegung zu halten, sind die Bemühungen jeder Seite um ein menschenwürdiges Leben in Frieden anzuerkennen und zu unterstützen.
Der Österreichische PEN-Club hat sich seine Entscheidung nicht leicht gemacht und steht, seinen Statuten gemäß, für einen konstruktiven Dialog zur Verfügung. Dies ist uns Aufgabe und Verpflichtung.
Der Vorstand des Österreichischen PEN-Clubs
Hier die Resolution:
pencongress