PEN-Club-Treffen mit
Alfred Zellinger und Franz Koglmann

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Datum/Uhrzeit
Date(s) - 09/04/2013
16:00

Ort
P.E.N.-Club


Der Club ist ab 16.00 Uhr geöffnet.

ab 17.00 Uhr ALFRED ZELLINGER und FRANZ KOGLMANN

WERSTATTGESPRÄCH zur Oper JOIN!

Entstehungsprozess und Tonbeispiele einer Oper

JOIN! wurde produziert von NetzZeit in Kooperation mit den Wiener Festwochen.

Regie: Michael Scheidl.
Uraufführung: 8. Mai 2013, Wien, Museumsquartier Halle E
Weitere Aufführungen: 9-12. Mai 2013

JOIN!

/”Ein Gott habe die Welt erschaffen, sagt man; doch wir besorgen den Rest” (Der CEO)/

Es war Franz Koglmanns Vorschlag, aus dem 1990 im Wiener Ensembletheater am Petersplatz aufgeführten “Spiel der Konzerne” von Alfred Zellinger eine Oper zu machen. Verleger Ulrich Schulenburg hatte ihn auf das Stück aufmerksam gemacht.

In den 80ern begann die Wirtschaft erstmals für ein breites Publikum interessant zu werden. Es war die Zeit der “masters of the universe” die in ihrer Hybris an der Wallstreet Vermögen aus dem Nichts schufen-und auch wieder verloren.

Alfred Zellinger, Manager und Schriftsteller, veröffentlichte 1985 das “Spiel der Konzerne” bei Ritter, Klagenfurt; erst als Prosa, dann als Theatertext. Dieter Haspel hat das “Spiel der Konzerne” 1990 am Petersplatz inszeniert. Es traf offenbar einen Nerv der Zeit, war ausverkauft und ein Medienhype.

Jetzt, gut 20 Jahre später ist das Thema Wirtschaft offensichtlich wieder im Trend, nicht allein der div. Finanz-, Staatsschulden- und Wirtschaftskrisen wegen: Globalisierung, Ökologie, Gentechnik, Kommunikation sind die Schlagworte; erfolgreiche Unternehmen wie Microsoft, Apple,Google oder Facebook schaffen –ganz ohne Ironie- eine “Brave New World”.

Zellinger dazu:

Nach meinen persönlichen 40 Jahren im Auge des Kapitalismus in denen es mich immer dorthin gezogen hat, wo der Wettbewerb am größten, aber auch die Chancen am höchsten waren –zu Konzernen wie Unilever, Procter&Gamble und Philips als Marketingleiter, zur Bawag als Werbechef, zuletzt als CEO zu Bösendorfer – glaube ich zu wissen wovon ich schreibe.

Der Plot beim Spiel der Konzerne war einfach und ist für JOIN! gleich geblieben: Die Sales Conference eines Computerkonzerns wird auf die Bühne gestellt – so wie sie ist, mit ihrer Sprache, ihrer Ästhetik, ihren technischen Mitteln, ihren Ritualen. Eine Konferenz bei der das Management des Konzerns auf ein neues, sensationelles Produkt eingeschworen wird: ein Mikrochip, implantierbar, Kapazität & Wissen seiner Träger vervielfachend.

JOIN! setzt das Spiel der Konzerne fort, wo es im Theater endete: Nach der Sales Conference hatte der CEO eröffnet, er habe eben in Form des Management Buyouts und mit Hilfe des Hauptkonkurrenten die Firma übernommen. Was für die versammelte Mannschaft hieß: die meisten von ihnen werden nicht mehr gebraucht.

Wieder trifft das Management von “G&B” aufeinander, diesmal beim “Away-Day” in einem der üblichen Wellness Hotels. Wieder werden sie auf ein sensationelles, neues Produkt eingeschworen – der implantierbare Chip wurde weiterentwickelt, erlaubt seinen Trägern jetzt, jederzeit online zu sein, damit teilzuhaben an einer Art weltumfassender Society, ein Social Net ohne lästige Hardware. Und wieder die üblichen Rituale einer Sales Conference, die Karrierestrategien, die Intrigen während der Coffee breaks, die privaten Affären. Und wieder endet das Ganze mit einer Übernahme – und einem Verfahren wegen Insidergeschäften.

/”It’s a brave new world, baby / come and join it with me” /

/(Chor der Manager)/

JOIN! ist übrigens keine Bestandaufnahme der heutigen Finanzwirtschaft. Es ist eine – in die nahe Zukunft fortgeführte – Welt der heute tonangebenden Unternehmen von Microsoft bis Apple, von Google bis Facebook. Die Hybris von Managern wird thematisiert, the end of privacy, die NGOs der Ökoreligionen, Sponsoring, amerikanischer Puritanismus und der in die eigene Evolution eingreifende Mensch.

Alfred Zellinger

Zur MUSIK

Franz Koglmann:

Meine Musik bewegt sich ja seit langem an einer Schnittstelle von Jazz und Klassik, zwischen E und U. Für JOIN! habe ich diesen Angelpunkt um einige Bereiche erweitert: Rock’n Roll (verschiedener Epochen), Pop, Filmmusik- und Jingle-Ästhetik, Latin (Bossa Nova), Noise, Chanson, Cool Jazz, Office Sounds (Computer etc.), aber auch Ars Nova Rückgriffe u.a. Neben persönlichem Interesse an diesen diversen Musikformen waren dafür auch (imaginierte) musikalische Präferenzen unserer Protagonisten bestimmend.

Es handelt sich also um ein hybrides Gebilde, vielleicht um eine Art Revue, die Experimentierlust mit wertfreier Verwendung diverser Epochen und Stile verbindet. Wahrscheinlich könnte man von einer Ästhetik der Konfrontation sprechen.

Und: Es handelt sich um eine komische Oper, eine etwas wurmstichige Komödie natürlich. Wenn es musikalisch gemütlich zu werden droht, gibt es einen Stich, oder zumindest eine leichte Irritation. So ist die Musik leicht und bitter, anheimelnd und in Frage stellend, groovig und gelassen gleichzeitig. Das war wenigstens die Intention.